Zu Anfang des Jahres rollte eine Protestwelle durchs Land. Was war der Anlass? Überall war zu lesen, dass es in einer fürstlichen Kaschemme in Potsdam ein Treffen gab. Dort wurde sich über Remigrationspläne ausgetauscht. Wer nahm daran Teil? Aktivist*innen des rechten bis konservativen politischen Lagers. Im Klartext: Nazis und welche, die es werden könnten.
Doch die Welle der Empörung ebbte genauso schnell wieder ab, wie sie gekommen war. Und seitdem läuft der Laden wieder wie gewohnt: Gelegentlich schwappen Meldungen über Nazi-Übergriffe verschiedenster Art über den Äther. Gegen migrantisierte Menschen, Menschen außerhalb der heteronormativen Matrix oder einfach nur Menschen, die sich offen dem beschissenen Weltbild der Nazis entgegenstellen. Flankiert wird das ganze noch von immer neuen Skandalen über rechte Umtriebe vor allem in Polizei und Bundeswehr.
Gerade ist die Stille über diese Zustände wieder zum Schreien laut. Es ist also höchste Zeit, das Schweigen zu brechen.
Wir laden euch deshalb jetzt schon herzlichst ein, am 17.08.2024 um 15 Uhr in den Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg zu kommen. Wir wollen mit euch ein lautes Zeichen gegen den derzeit an Geschwindigkeit gewinnenden Rechtsruck hierzulande, europa- und weltweit setzen. Dafür bereiten wir ein breites Programm vor mit Redebeiträgen, Live-Musik, Performances und Infotischen. Der Tag soll aber nicht nur unterhaltend sein, sondern auch Gelegenheit, sich kennenzulernen, auszutauschen und Pläne zu schmieden.
Denn derzeit haben vor allem die Nazis Grund zum Klatschen. Der Klimawandel ist nicht nur durch Wetterkapriolen spürbar, sondern auch gesellschaftlich durch einen sich verschärfenden politischen Diskurs. Angeheizt durch eine weltweite Krise des kapitalistischen Systems, die Verwerfungen durch die Corona-Pandemie und die Echokammern der unendlichen Weiten der sozialen Medien sind Meinungen im öffentlichen Diskurs hoffähig geworden, die bis vor nicht allzu langer Zeit hinter Empörungskorridoren anscheinend unerhört ihr Dasein fristeten.
Wir meinen damit nicht nur rechtsoffene Verschwörungsideologien und Reichsbürger*innen. Oder die Teile der revoltierenden Bäuer*innenschaft, die sich einer Blut-und-Boden-Ideologie verschrieben haben. Diese sind durch den Zulauf, den sie bekommen, durchaus ernstzunehmen und gefährlich. Letzten Endes aber sind sie auch nur ein verrücktes Zerrbild einer Gesellschaft in der Krise.
Viel gefährlicher ist unserer Einschätzung nach, dass faschistische Ideen mittlerweile auch in den althergebrachten Regierungskreisen an Einfluss gewinnen. Und das in allen Farben des Regenbogens des Parteienspektrums von Bündnis-90-Grün bis Unionsschwarz. Wie sonst könnte Wirtschaftsminister Habeck der Meinung sein, dass es eine gute Idee sei, mit dem wütenden Mob aus Coronaleugner*innen, Bäuer*innen und Nazis sprechen zu wollen, nur damit er wieder unbehelligt aus dem Urlaub anlanden kann? Und wieso denken die Berliner Regierenden, sich mit der Meldung brüsten zu müssen, sie hätten 2023 so viele Menschen abgeschoben wie nie zuvor? Und das auch noch zur Hochzeit der Brandmauer-Proteste?
Für uns zeigen diese Beispiele, dass das bloße Symbolisieren einer Brandmauer gegen rechts und Forderungen nach einem AfD-Verbot nicht ausreichend sind. Auch wenn die erwartbar katastrophal guten Ergebnisse für die AfD im Juni bei den Europawahlen und im September bei den Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen zwei Wochen nach unserer Kundgebung ein weiteres deutliches Zeichen für den Rechtsruck sind, ist die AfD für sich genommen nur die Spitze eines Scheißbergs. Das sichtbare Drittel eines braunen Netzwerks, das mittlerweile wieder fest an den Adern dieser Gesellschaft verwurzelt ist.
Trotzdem denken wir nicht, dass sich 1933 wiederholen könnte. Geschichte wiederholt sich nicht, sie setzt sich fort. Die Nazis waren nie verschwunden. Das Klatschen der Nazis war nur unterschiedlich laut hörbar. Um das zu verdeutlichen, haben wir den Todestag des weltbekannten Bruchpiloten und Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß gewählt. Ein Datum, das lange von den Nazis für Aufmärsche nutzte, die lange die zahlenmäßig größten in Europa waren.
Am lautesten klatschen Nazis immer zu Krisenzeiten. Das war in den 1920er Jahren so. Und z.B. auch in den 1990ern nach dem Fall der Mauer. Seit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 über die Corona-Pandemie bis zu den Kriegen derzeit ist ein stetig anschwellendes Tremolo zu hören, das seinen ersten Paukenschlag mit den anstehenden Landtagswahlen erleben dürfte.
Mit unserer Kundgebung wollen wir zum einen zeigen, dass es viele Menschen gibt, die willens und bereit sind, sich den Nazis und den von ihnen forcierten Rechtsruck entgegenzustellen. Außerdem wollen wir daran erinnern, dass Antifaschismus mehr ist als symbolische Brandmauern und Forderungen nach Verboten. Antifa ist und bleibt Handarbeit.
Deshalb solidarisieren wir uns mit allen Menschen, die sich den Nazis aktiv entgegenstellen. Vor allem jenseits der Metropolen in den ländlichen Gebieten, in denen sich längst eine braune Vorherrschaft etabliert hat. Wir fordern die sofortige Freilassung aller Antifas und die sofortige Einstellung aller Verfahren. Freiheit für Lina, Jo und alle anderen! Schluss mit dem Budapest-Verfahren und allen anderen! Mit Nazis die einzige Sprache zu sprechen, die sie verstehen, ist kein Verbrechen, sondern eine Notwendigkeit.
Damit die Nazis nicht mehr klatschen, klatschen wir zurück. Auf unserer Kundgebung im Takt der Musik. Wir werden keinen Schritt mehr weichen. Keinen Meter und kein Stück! No pasaran!
Unsere Kundgebung soll eine Idee geben von einer bunten Gesellschaft, wie sie sein sollte. Ohne Rassismus und Patriarchat, Sexismus und kapitalistischer Verwertungslogik. Für eine Welt in der alle Menschen ihre Lebenszeit so verbringen können, wie sie wollen. Ohne Grenzen, Zäune und Mauern.
Deshalb haben wir als Ort für unsere Kundgebung auch den Görlitzer Park gewählt. Der Berliner Senat will derzeit den Zugang zum Park massiv beschränken und eine Mauer darum bauen. Dem vorangegangen ist jahrelange rassistische Hetze, die den Park als Gefahrengebiet markierte, weil in ihm migrantisierte Menschen Drogen verkaufen. Als ob die Herkunft der Dealenden das Problem wäre und nicht die Tatsache, dass Märkte entstehen, wo es Bedarfe gibt. Der Bedarf im Görlitzer Park nahm erst durch die Vermarktung des ehemaligen Schmuddelviertels Kreuzberg zum hippen Szenekiez problematische Ausmaße an. Deshalb hat der Görlitzer Park auch kein Drogenproblem, sondern ein Touriproblem. Gefährlich ist der Kiez vor allem erst durch Gentrifizierungsmotoren wir AirBnB und die Markthalle 9 geworden.
Dagegen helfen keine Mauern und keine Zäune. Dagegen helfen solidarische Gemeinschaften, die alle Willkommen heißen, die willens sind, allen anderen auf Augenhöhe zu begegnen. Um diese Welt zu einer besseren zu machen, in der es Brauntöne nur unterhalb der Grasnarbe gibt. Für das gute Leben für Alle!
Nutzt die Gelegenheit und kommt vorbei!
Samstag, 17.08.2024, 15 Uhr, Görlitzer Park am Pamukale Brunnen in Berlin-Kreuzberg.
Eure Vorbereitungsruppe nazisklatschen im Mai 2024